Factory Outlet & Lagerverkäufe: günstig einkaufen
Das Internet hat sich mittlerweile zu einem riesigen Marktplatz entwickelt. Immer mehr Produkte und maßgeschneiderte Dienstleistungen verhelfen dem Shopping per Mausklick zu wachsender Popularität. Live-Shopping bzw. Shopping-Clubs sind nur zwei aktuelle Beispiele. Aber auch abseits des E-Commerce haben sich in den letzten Jahren neue und alte Shoppingtrends etabliert. Trödelmärkte erfreuen sich wachsender Beliebtheit und auch Factory Outlets bzw. Lagerverkäufe sind weiterhin aktuell.
Factory Outlet bzw. Lagerverkauf
Für markenbewußte Schnäppchenjäger werden die sogenannten Factory Outlets immer mehr zum Einkaufsmekka. Ende der 1990er-Jahre kam dieses Konzept aus den USA zu uns, wo bereits Jahre zuvor bekannte Markenhersteller ihre eigenen Shops eröffneten, zumeist fernab der Großstädte und Einkaufszentren. Mittlerweile hat sich auch bei uns in Deutschland diese neue Form des Verkaufs ab Werk als zusätzlicher Vertriebskanal etabliert.
Dabei wird gerne darüber hinweg gesehen, daß Fabrik- bzw. Lagerverkäufe in vielen Regionen Deutschlands eine lange Tradition besitzen. Diese Form des Direktverkaufs wird nämlich bei kleinen Warenherstellern schon seit langer Zeit mehr oder wenig stillschweigend praktiziert. In diesen Fabrikläden kauften damals jedoch nur Werksangehörige und Insider ein, denn beworben wurde diese Einkaufsmöglichkeit nicht, zumal die Öffnungszeiten sehr begrenzt waren. Die Hersteller haben die „Lagerverkäufe“ auch nicht gezielt als Vertriebskanal genutzt, sondern diese Verkaufsoption aus reinem Selbstschutz eingeführt. So konnten sie Auslaufmodelle, 2. Wahl-Artikel und Überdispositionen noch gewinnbringend bzw. kostendeckend absetzen und dem Risiko entgegenwirken, daß früher oder später ihre hochwertigen Markenprodukte in Restpostenläden (Clearance Shops) verschleudert werden.
Fabrikverkäufe an sich sind also kein gänzlich neuer Trend. Neu hierbei sind in erster Linie die ausgefeilteren Umsetzungskonzepte bzw. der Zusammenschluß mehrerer Hersteller zu einem gemeinsamen Verkaufszentrum, dem sogenannten Factory Outlet Center (FOC). Was früher schlichtweg Fabrik- oder Werksverkauf genannt wurde und deutschlandweit verstreut an den jeweiligen Produktionsstandorten von Markenartiklern im Stillen stattfand, wird heute zeitgemäß im FOC gebündelt.
Demnach steht der Begriff des Factory Outlets heutezutage für viel mehr als eine einfache Fabrik-Verkaufsstelle, denn er bezeichnet mitunter jeglichen Laden bzw. Shop, in dem Hersteller selbst ihre eigenen Produkte direkt an den Endverbraucher verkaufen. Wobei der Anreiz für den Verbraucher in dem äußerst preisgünstigen Kauf einer renommierten Marke liegt. Viele Fabrikläden bzw. Lagerverkäufe sind heute auch nicht unbedingt in direkter Nähe der Fabrik angesiedelt und die früher von Lagerraumatmosphäre und einfacher Warenpräsentation geprägten Verkaufsstätten haben sich ebenfalls verändert.
Factory Outlet Center sind dadurch gekennzeichnet, daß hierbei die Betreibergesellschaften mitsamt den eingemieteten Herstellern typische traditionelle Handelsfunktionen komplett übernehmen, z.B. die Funktion des Warentransports, Unterstützung der Warenpräsentation, der Sortimentszusammenstellung und des Verkaufs. Im Gegensatz zum kleinflächigen Werksverkauf sind FOC eine Zusammenballung von vielen herstellereigenen Verkaufsniederlassungen in einem großflächigen Gebäude- bzw. Einkaufskomplex mit Erlebnischarakter. Viele dieser großzügig und elegant gestalteten Fabrikverkaufsstellen sind auch längst keine Geheimtipps für lokale Smart Shopper, da sie bei marken- und preisbewussten Kunden vielfach weit über regionale Grenzen hinweg bekannt sind. Über Mundpropaganda, Internet-Plattformen und Einkaufs- und Schnäppchenführer aus dem Buchandel werden entsprechende Informationen und Wegbeschreibungen weitergegeben, so daß die gezielte Suche nach Factory Outlet Centern bzw. nach preiswerten Markenprodukten nicht mehr schwer fällt. Wie bei anderen Fabrik- und Lagerverkäufen auch, umfasst das FOC-Angebot Waren zu reduzierten Preisen, in der Regel Auslaufmodelle bzw. im Mode-Bereich komplette Kollektionen aus dem Vorjahr, Restposten, aber auch aktuelle Produktionsüberhänge, Musterteile und Artikel 2. Wahl. Auch Retouren und Musterwaren der Außendienstmitarbeiter sind keine Seltenheit und zunehmend mehr Hersteller nutzen Factory Outlets auch als Testorte für Produktinnovationen.
Insgesamt betrachtet, ist der Outlet-Begriff aus Konsumentensicht sehr positiv besetzt, da hier erfolgreich der Eindruck vermittelt wird, Qualität und originale Designermode zu signifikanten Preisnachlässen kaufen zu können. Allerdings entsteht die Vorstellung der Preisgünstigkeit vor allem dadurch, daß der Konsument hierbei die Marken- bzw. Produkt-Preiswürdigkeit anhand des marktüblichen Preisniveaus für reguläre Ware beurteilt, ohne sich permanent bewußt zu machen, daß hier Überhänge der Vorsaison, Retouren und Designerkleidung zweiter Wahl verkauft werden.
Trotzdem ist die Gefahr eines Imageverlustes für die Marke bei dem Vertrieb über Outlets nicht zu unterschätzen, nämlich dann, wenn der Preis bzw. die Preisbereitschaft dadurch aufweicht. Durch den Direktvertrieb erlangt der Hersteller zwar die Kontrolle über die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zum Endverbraucher, aber eine annähernd ubiquitäre Verfügbarkeit von Markenprodukten über zahlreiche verschiedene Outlets kann die Stabilität bzw. die Positionierung der Marke auf Dauer schädigen. Im Endeffekt wird dies die Preisspirale weiter nach unten treiben, oder aber den Kaufanreiz reduzieren. Durch das Angebot hochwertiger Waren zu günstigen Preisen wird der Outlet-Stammkunde irgendwann die regulären Handelspreise als nicht mehr preiswürdig wahrnehmen. Dann kommt es zu einem Kannibalisierungseffekt bzw. zum Verdrängungswettbewerb beim Warenabsatz, der für die Kaufhäuser und den Facheinzelhandel zumindest mit erheblichen Umsatzeinbußen verbunden ist.
Schon heute gefährden Fabrikverkaufsstellen durch das Vordringen in originäre Aufgaben des institutionellen Handels die Beziehungsstrukturen der Hersteller zu ihren Handelspartnern. Eine ungetrübte Kooperation mit dem Handel ist aber die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg von Factory Outlet Centern. Erst der Einzelhändler macht durch seine Absatzbemühungen über die Jahre einen Namen zu einer bekannten Marke, während der Abverkauf in Factory Outlet Centern von diesem Markenimage profitiert. Zwar bietet ein gut geführtes Outlet auch Vorteile, denn durch niederiges Preisniveau können neue Kundensegmente erschlossen werden, die ansonsten teure Designerkleidung und Markenprodukte nicht kaufen könnten bzw. würden. Wodurch besonders bei jüngeren Käuferschichten eine länger währende Markenloyalität aufgebaut werden kann, die später auch dem traditionellen Handel zu weiteren Umsätzen verhelfen könnte.
Trotzdem werden diese neuen Handelsformen ersteinmal als neue Konkurrenten der etablierten Handelsunternehmen eingestuft. Auch wenn die Hersteller als Outlet-Betreiber ihren eigenen Einfluss auf die Schnäppchen-Kultur selbst kritisch betrachten und sich im Normalfall immer zu Gunsten eines intakten Markenimages entscheiden. Die deutsche Einzelhandelslandschaft befindet sich seit einigen Jahren in tiefgreifenden Umstrukturierungsprozessen. Deshalb haben jetzt auch viele Markenhersteller mit Outlet-Plänen große Probleme mit dem klassischen Einzelhandel, der selbst unter Druck steht und seine Preise bei einer weiter anwachsenden FOC-Konkurrenz nicht mehr halten könnte. Das sinkende Realeinkommen und die allgemein schwache, konjunkturelle Wirtschaftslage haben das Verhalten der Konsumenten ohnehin schon erheblich in Richtung des Smart Shopping getrieben und diesen Schnäppchenjägern kommen Outlets gerade recht.
Während Einzelhändler scheinbar mit den althergebrachten Lager- und Fabrikverkäufen am Ort der Produktion noch halbwegs leben konnten, so sind die neueren Formen des Direktvertriebs durch Factory Outlet Center momentan mit vielen Auseinandersetzungen zwischen Einzelhändlern und Herstellern bzw. Betreibergesellschaften verbunden. Besonders in der Bekleidungsbranche tobt nämlich ein gnadenloser Preiskampf und gerade für die modeabhängige Textil- bzw. Bekleidungsindustrie sind Outlet-Stores zu einem wichtigen Vertriebsweg geworden, da Moden bzw. Moderisiken durch Wetter- und Trendabhängigkeiten hier schon immer ein akutes Problem darstellten. Da verwundert es auch nicht, wenn Städte und Gemeinden durch die Errichtung zahlreicher Outlet-Center große Verluste für den innerstädtischen Einzelhandel befürchten und die Ansiedlung durch Klagen verhindern wollen. Die Angst vor einer weiteren Verödung der Innenstädte geht um, so daß herstellereigene Handelsbetriebe zur Zeit meistens in Stadtrandlagen bzw. im Niemandsland errichtet werden. Dies reduziert die Gefahr für den Hersteller seine angestammten Handelspartner aufgrund des eigenen Auftretens auf Handelsebene zu verlieren, da die Randgebiete von den regulären Verkaufszentren weit genug entfernt liegen.